Samstag, 29. Oktober 2011

Gesicht im Spiegel

Ich sehe in den Spiegel.
Ich sehe mein Gesicht
Ohne Kragen ohne Krawatte ohne Brille ohne Schminke ohne Lächeln.
Ich sehe mich.
Ich sehe in meine Augen.
Diese Augen,
Ich will ihnen ausweichen,
Sie beobachten wenn sie gerade nicht hinsehen,
Aber sie sind wachsam.
Sie sehen mich an.
(wie halten die anderen Menschen diese Augen aus?)
Ich sehe in mich hinein.
Was liegt verborgen hinter der buntschillernden Fassade der Iris
Im schwarzen Schlund der Pupille?
Ich sehe tiefer hinein.
Tief drinnen tut er sich auf,
Der Abgrund.
Starre lange genug in den Abgrund und der Abgrund starrt zurück sagt man.
Das Grauen hat ein Gesicht sagt man.
Es hat viele Gesichter
Im Spiegel.
Sie sind dort drin versammelt und sagen: Hallo!
Der Vergewaltiger, der Folterer, der Faschist
sie sind alle da.
Hallo, hallo, hallo!
Schön, daß Du vorbeischaust.
Wo kommt Ihr denn her?
Wir waren immer schon hier,
wir haben auf Dich gewartet.
Komm, lass uns zusammen rausgehen - spielen.
Das Grauen hat ein Gesicht.
Ich sehe es im Spiegel.
Das Grauen hat ein Gesicht.
Meins.
Sieh in den Spiegel!
Wenn Du Dich traust.